In »Teil 1: Idee und Planung« hat sich das Produktionskomitee gebildet und fähige Mitarbeiter wurden versammelt. Weiter geht es also nun mit »Teil 2: Konzept und Animation« unserer fünfteiligen Reihe.
- Teil 1: Idee und Planung
- Teil 2: Konzept und Animation
- Teil 3: Feinschliff und Vertonung
- Teil 4: Kosten bis zur Ausstrahlung
- Teil 5: Refinanzierung
Storyboard als visueller Leitfaden
Die Produktion eines Anime besteht aus mehreren Schritten und alle genannten Beteiligten müssen in diesem Prozess zusammenarbeiten. Zunächst entsteht ein Drehbuch in Absprache mit dem Regisseur, dem Produktionskomitee und dem Herausgeber. Das heißt, jede einzelne Episode wird durchgeplant. Welche Handlungen passen rein, welche Szenen sind wichtig und wo sind die Höhepunkte?
Hat das Drehbuch grünes Licht erhalten, so ist es nun die Aufgabe des Regisseurs, das Drehbuch in ein Storyboard umzuwandeln. Während das Drehbuch den Ablauf nur mit Worten beschreibt, so handelt es sich beim Storyboard um einen visuellen Leitfaden. Der Regisseur skizziert die Handlung, wie er sie sich vorstellt und sorgt mit bereits eingebauten Cuts und Frames so für den Rohbau der Animation.
Das Storyboard ist der Grundstein für alle folgenden Schritte und die anderen Mitarbeiter richten sich allein hiernach. Handelt es sich bei der Originalvorlage um einen Manga, so entsteht das Storyboard auch nach den Bildern desgleichen und es nimmt viel weniger Zeit in Anspruch. Bei Light Novels muss ein Regisseur die Handlung erst selbst visualisieren, was folglich länger dauert.
Erschaffen der Welt
Da der Regisseur in seinem Storyboard die Charaktere, Hintergründe und sonstigen Elemente lediglich skizziert, ist es nun die Aufgabe der Konzept- und Kreativleiter, das Ganze entsprechend umzusetzen. Handelt es sich bei der Originalvorlage um einen Manga, so werden die Charaktere meist ähnlich oder identisch übernommen. Bei Light Novels muss man sie gemäß der Beschreibung neu erschaffen.
Manchmal ist es aber auch im Falle einer Manga-Vorlage notwendig, einige Details abzuändern, damit das Bild des Charakters ästhetischer wirkt und besser in das Gesamtbild passt, worüber sich aber auch immer wieder die Manga-Leser beschweren.
Neben Charakteren werden von ihnen aber auch die übrigen Elemente, wie etwa andere Lebewesen, Gegenstände oder die Szenerie visualisiert. Gerade das World-Building spielt bei den Zuschauern eine sehr große Rolle und sollte positiv aufgenommen werden, da es über die gesamte Länge eines Anime präsent ist. All das muss von Regisseur, Herausgeber und Produktionskomitee abgesegnet werden.
Die Animation beginnt
Haben Storyboard und Konzeptdesign endgültig grünes Licht erhalten, sind nun endlich die Weichen für die Animation gestellt. Die Schlüsselbildanimatoren erstellen qualitativ hochwertige Keyframes einer Szene, die gemäß Storyboard besondere Betonung auf Emotionen oder Bewegungen legen. Grundsätzlich wird immer eine Episode fertiggestellt, ehe es mit der nächsten Folge weitergeht.
Diese Keyframes geben vor, wo ein Charakter steht oder welche Bewegung er gerade durchführt, was letztendlich die Struktur und den Verlauf des Anime vorgibt. Nun kommen die In-Between Animatoren ins Spiel, deren Aufgabe es ist, die Lücken zwischen den Keyframes zu schließen. Bei besonders aufwändigen Szenen sind teilweise bis zu 24 Frames pro Sekunde notwendig.
Nach Überprüfung durch den Animationsleiter oder einen eigens bestellten In-Between Supervisor werden die Frames an die Farbkünstler weitergegeben. Sie kümmern sich neben der Kolorierung auch um die entsprechenden Schattierungen und Belichtungen gemäß den Hintergründen im Storyboard. Die Bearbeitung durch die Farbkünstler erfolgt heutzutage ausschließlich am Computer.
Erst vor Kurzem wurden Bildersammlungen veröffentlicht, die Keyframes, Designs und auch anderes Produktionsmaterial wie Skizzen oder 3D-Konzepte zu »Attack on Titan: The Final Season Part 2« und auch »My Dress-up Darling« zeigen. Wer sich also für das Thema interessiert, der kann gerne mal durch die Vielzahl an Bildern scrollen, die den aufwendigen Produktionsprozess verdeutlichen.
Komposition
Im Großen und Ganzen ist nun die Animation weitestgehend abgeschlossen und der letzte Schritt der Produktion ist die Komposition am Computer. Hierzu werden zunächst die Frames und Hintergründe in der richtigen Reihenfolge digitalisiert und mit einer Software übereinandergelegt.
Außerdem können mit Hilfe des Programms andere Effekte, wie etwa das Leuchten bei Explosionen, bei Sonnenuntergängen oder aber in den Augen der Charaktere, hinzugefügt werden, was einer 2D-Animation letztendlich mehr Tiefe gibt. Dieser Schritt ist äußerst anspruchsvoll. Hier werden dann auch erst etwaige CGI-Animationen erstellt, sollten diese in dem Anime Verwendung finden.
Nachdem alles zusammengefügt wurde, kann man sich die Episode theoretisch schon anschauen. Aber Anime sind ja bekanntlich keine Stummfilme. Darum geht es dann in »Teil 3: Feinschliff und Vertonung«, der morgen im Laufe des Tages zusammen mit dem vierten Teil erscheint.
© Shirobako Project
©劇場版「SHIROBAKO」製作委員会
7 Kommentare und Antworten zu "Wie entsteht ein Anime? Teil 2: Konzept und Animation"
Oh man, wie aufwändig es wirklich ist einen anime zu produzieren ist echt unglaublich….. Gerne mehr solcher Artikel….. Großes Lob….
Auch hier sehr schön erklärt. Das war/ist bestimmt eine Heidenarbeit. Ich freue mich schon auf die folgende Teile.
»Handelt es sich bei der Originalvorlage um einen Manga, so entsteht das Storyboard auch nach den Bildern desgleichen und es nimmt viel weniger Zeit in Anspruch.«
Wird sogar von den Produzenten etc. gefordert, die Fans wollen das teilweise auch. Machen sich Regisseure sogar schon drüber lustig. Ich denke keiner würde sich freiwillig in der Kreativität einschränken lassen und den Manga quasi als Storyboard übernehmen, dafür sind Manga und Anime zu verschieden, damit das ordentlich funktioniert.
In Japan scheinen die Posten auch eher reduzierter zu sein, der Regisseur macht einfach direkt das Storyboard mit, im Westen passiert z.B. das Gegenteil, dort werden die Storyboards immer umfangreicher und gleichen schon groben Animationen (gibt deswegen auch Kritik weil den Storyboardkünstlern immer mehr abverlangt wird). Ähnlich bei der Layout-Phase, die kommt ja eigentlich nach dem Storyboard und vor den Animationen, dort werden für die jeweiligen Szenen aus dem groben Storyboard detaillierte Bilder mit der finalen Positionen der Charaktere, Objekte, Hintergründe, Licht, Kamera etc. erstellt. Ist ein Posten, der in Anime scheinbar auch immer mehr verdrängt wird. Da die Storyboards in Anime teilweise wirklich grob sind, muss der Animator dann zusehen, wie er das interpretiert. Das Layout ist für den Animator eigentlich eine Hilfestellung, damit alles einheitlich aussieht und nicht jeder Animator sein eigenes Süppchen kocht.
Fantastische Erklärung.
Vielen Dank für diesen spannenden Artikel!
Ich würde mich freuen in Zukunft einen Artikel zu lesen der das Thema »Adaption« nochmal etwas genauer unter die Lupe nimmt. Wenn das Urwerk ein anderes Medium ist wie Manga, LN, VN, Volkssage, Songtexte, etc.
»Bei Light Novels muss ein Regisseur die Handlung erst selbst visualisieren, was folglich länger dauert.«
korrigiert mich wenn ich falsch liege, aber sind Light Novel nicht einfach nur wie ein Manga, nur dass die Illustrationen im Werk auch Farbe haben?
Oh sweet summer child
Das beantwortet meine Frage nicht.