»Frieren«-Regisseur warnt: Anime drohen, in Einseitigkeit zu verfallen

In einem aktuellen Interview sprachen »Frieren«-Regisseur Keiichiro Saito und Anime-Produzent Takafumi Nakame über die Sehgewohnheiten internationaler Anime-Fans und warnten dabei vor einer wachsenden Einseitigkeit innerhalb der Branche.

Andere Trends in Übersee

Zu Beginn des Gesprächs äußerten sowohl Saito als auch Nakame ein Gefühl des Stillstands in der Anime-Industrie, das sie auch dazu bewegt habe, an der »Global Anime Challenge« teilzunehmen – einem Förderprogramm, das darauf abzielt, den Blickwinkel japanischer Anime-Schaffender international zu erweitern.

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Im Rahmen dieses Projekts konnten sie mehreren Conventions im Ausland beiwohnen und dort direkt mit Fans aus aller Welt in Kontakt treten. Dabei machte Saito eine Beobachtung, die ihn besonders beschäftigte:

»Ich habe das Gefühl, dass die Anime, die ausländische Fans besonders lieben, oft einer gewissen Einseitigkeit folgen. Natürlich sind beliebte Werke weiterhin beliebt, doch es entsteht eine klare Tendenz. Ich glaube, das könnte zu einer gewissen Distanz zwischen den Machern und dem Publikum führen.

Wenn man sich zu stark an diesen Trend klammert, bleibt am Ende nur dieser Aspekt als prägendes Merkmal des Mediums zurück. Bevor das passiert, möchte ich die vielen unterschiedlichen Facetten von Anime stärker mit der Welt teilen und Werke schaffen, die durch ihre Vielfalt und ihren eigenen Ansatz überzeugen.«

Mangelnde Vielfalt

Nakame stimmte dieser Einschätzung zu und betonte, dass Anime zwar frei gestaltet würden, sich aber innerhalb dieser kreativen Freiheit bestimmte Muster verfestigt hätten. Spannender wäre es, mehr Mut zu neuen Ideen zuzulassen. Leider ließen sich viele Animationsstudios und Schöpfer zu sehr von Trends beeinflussen.

In den letzten Jahren äußerten bereits zahlreiche Anime-Kreative ihre Sorge über die anhaltende Dominanz von Isekai- und RPG-Fantasy-Formaten. Sie kritisierten, dass realitätsnahe und originelle Werke immer seltener würden.

Zudem verliere die Branche zunehmend an schöpferischer Kraft, da ein starker Fokus auf werksgetreue Adaptionen von Manga und Light Novels gelegt werde, anstatt den Künstlern kreative Freiräume zu gewähren. In diesem Zusammenhang sei auch die Zahl der Original-Anime zuletzt deutlich zurückgegangen.

Zum Schluss fasste Saito die Diskussion mit einem ehrlichen Einblick in seinen eigenen Zwiespalt zusammen: Er frage sich, ob er ein Werk erschaffen solle, das den aktuellen Trends folgt und auf internationale Anerkennung – etwa bei den Oscars – zielt, oder lieber etwas Tiefgründigeres mit persönlicher Aussage.

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Via Mantan Web
© Kanehito Yamada, Tsukasa Abe, Shogakukan / Frieren: Beyond Journey’s End Production Committee

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Marcus Cyron

OK. Jetzt sind mal wieder die Ausländer schuld. Wer hätte es gedacht.

Ich

Kann man halt bei allem als Ausrede benutzen. Könnte man auch noch durch andere Wörter ersetzen.

Guts

Das mit dem »International« klingt wie eine Ausrede, um nicht vor der eigenen Haustüre kehren bzw. das eigene Volk kritisieren zu müssen. Dafür sind die Japaner ja bekannt, das zieht sich durch sämtliche Bereiche.
Tatsächlich sieht die Situation in Japan selbst ebenfalls richtig bescheiden aus, dort wurden die meisten Trends doch überhaupt erst geboren und ausgeschlachtet. Mann kann nun wirklich nicht behaupten, dass in Japan anspruchsvolle Anime die Renner wären, da machen genauso irgendwelche Action-/Fantasy-Kracher das meiste Geld. Die einseitige Ausrichtung und die kreativen Einschränkungen kamen außerdem schon lange bevor Anime international so erfolgreich wurden. Und wir dürfen nicht vergessen, dass es kaum ein anderes Land gibt, das so absurd auf Konsum ausgerichtet ist wie Japan, da hatte die kreative Freiheit schon lange keinen hohen Stellenwert mehr!

Mana

Besonders dämlich ist doch wenn man schon z.b. zick Merchandise zu Titeln so wichtig findet, da man die wenigsten dann selbst auch länger verfügbar hält und schon garnicht selbst groß in andere Länder bringt…mal von abgesehen von den ausgelutschten bekannten immer gleichen Mainststreamtiteln…

Bragi

Ich wusste bisher nicht, dass internationale Anime-Zuschauer schuld daran sind, dass in Japan inhaltsleerer Müll in Buchform (Light Novel) produziert wird, welcher die Grundlage für viele Animes bildet.

Yubikiri

Dem kann man einfach zustimmen. Wenn andere Studios auf den »isekai« aufspringen fühlt sich genau das an, wie aus dem Interview hervorgeht.

Ich

Ich denke zwar, dass er Recht hat, aber ich denke nicht, dass sich das nur auf Zuschauer außerhalb Japans zutrifft.

Das Grundproblem ist doch eine ausgewogene Vielfalt zu bieten. Müssen es immer tiefgründige Titel sein? Nein. Aber ein gewisser Ausgleich ist ja nicht zu viel verlangt. Es muss einfach auch Platz für sowas sein.

Wenn jemand Demon Slayer oder JJK mag, ist das ja in Ordnung. Aber wenn jetzt jemand (wie ich) das eher nicht mag und lieber Frieren, Violett Evergarden oder sowas wie Laid-Back Camp sehen will, kann man das ja auch bedienen. Es geht ja nicht um Entweder oder, sondern um ein vielfältiges, breit gefächertes Angebot.

Noodle

Darf ich fragen, wie wir die Produktionskomitees bitte beeinflusst haben?

Sind z.B. meine Vorlieben für moralisch teils fragwürdie Protagonisten & Settings (Overlord, Tanja the Evil, Berserk) daran schuld, einen Verkaufsautomaten-Isekai zu bekommen?

Ich gebe zu, es dürfte schwierig sein, eine 9 Jährige Massenmörderin mit Hass auf Gott, strategischem Geschick und sadistischem/zynischem Charakter glaubhaft in einer Fantasy Geschichte zu kreieren. Dann lass Sie 19 sein und eine alternative Realität. Isekai Thema erledigt.

Ich habe auch »The Vision of Escaflowne« gemocht, weil ich wissen wollte, ob Van seine Rache für den Tod seines Volkes bekommt, und weil die Mechs so herrlich schwerfällig wirkten, (obwohl ich eigentlich keine Mechs mag). Also muss der nächste Anime ein Mech-Isekai mit langen Nasen im Profil sein, oder?

Diese vorgeschobene Ausrede ist ziemlich dünn. Liegt es nicht eher daran, dass die Reduktion auf Kategorien, Schlagwörter und Buzzwords durch die Marketing-Analysten dazu geführt hat, dass der 200. Harem-Isekai geschaffen wird, weil 3 der Top 10 Animes Isekai waren.
Nur wenn zwanghaft alles in Isekais »umgewurstet« wird, weil Isekais im Trend liegen, dann unterliegt man einem Zirkelschluss.
Dann ist der nächste Erfolgs-Isekai (dem das wahrscheinlich aufgezwungen wurde) der Beleg, dass Isekai doch Kunden binden, auch wenn 90 schlechte Isekai scheitern.

flomba

Guter Kommentar, schade, daß man nur einen Daumen vergeben kann.

David

Ich finde, die Kreativen sollten wieder das Ruder übernehmen. Wenn bestimmte Genres mal weniger Nachschub bekommen, weil gerade andere Trends dominieren, dann ist das eben so – dann „verhungern“ die Fans dort eine Zeit lang. Dafür blühen an anderer Stelle neue Ideen und Genres auf. So bleibt das Medium lebendig und entwickelt sich weiter, statt sich in immer denselben Mustern festzufahren.

Mana

Also ehrlichweise ist das jetzt ja nichts was jetzt erst nun neu wäre…dieser unschöne Trend ist doch schon lange erkennbar…und ja das der Westen-Mainstream diese Problematik mit verschlimmert hat, dem würde ich sogar etwas mit zustimmen. (Genauso wie sie es selbst schon in ihren eigenen Werken davor getan haben…)

Man merkt einfach das die immer mehr Bekanntheit immer mehr die Vielfalt flöten ging…mal von abgesehen das die Zielgruppenverteilung immer schon unfairer war, wurde es ja trotz Titelzunahme nicht besser und die Titel wo kommen fallen eben in allen Bereichen immer in der Mehrzahl sehr häufig in die selben Kathegorien.

Das liegt aber ahlt auch mit an der Vorlagen die man auswählt -denn da gäbe es schon durchaus noch mehr/bessere Abwechslung die aber alleine mehr in Japan ohne Lizenz oder Animeumsetzung hindümpelt- (und der lange Hauptfokus von man will ja nur diese mehr bewerben)…nur die fehlenden Originalen TItel sind also garnicht das allgeinige Problem.

Nemblest

Leider ließen sich viele Animationsstudios und Schöpfer zu sehr von Trends beeinflussen.

Ja, aber dieser Trend kommt aus dem eigenen Land. Den meisten Publishern war doch bis vor kurzem das Ausland quasi egal.

Ich habe das Gefühl, dass die Anime, die ausländische Fans besonders lieben, oft einer gewissen Einseitigkeit folgen.

Ja, wenn genau sowas adaptiert wird, was auf dem jap. Markt angesagt ist, kriegen wir halt am Ende nur das serviert.
Jetzt mal von Anime-only Leuten ausgehend: es ist ja klar, dass denen bestimmte Werke – oder sogar Genre – gefallen, wenn sie eben nur das serviert bekommen. Aber wie schon gesagt, es wird danach produziert, was auf dem jap. Markt beliebt ist.
Ein bisschen ans eigene Näschen fassen wäre mal angebracht. Aber die eigenen Leute gegen sich aufzuhetzen ist bei denen da drüben immer eine schlechte Idee. Schön die Wahrheit vor den eigenen Augen verschließen, genau mein Humor.

da ein starker Fokus auf werksgetreue Adaptionen von Manga und Light Novels gelegt werde, anstatt den Künstlern kreative Freiräume zu gewähren.

Wenn ich den Aspekt eines Original-Anime mal auslasse klingt das ungefähr so: »deine LN spricht uns zwar sehr an – wie auch dem Publikum – wir fühlen uns aber zu sehr in unserer Kreativität eingeschränkt. Deshalb werden wir zwar dein Werk adaptieren, aber unsere Version daraus stricken, ob es dir nun passt oder nicht!«

In diesem Zusammenhang:

Er frage sich, ob er ein Werk erschaffen solle, das den aktuellen Trends folgt und auf internationale Anerkennung […] zielt, oder lieber etwas Tiefgründigeres mit persönlicher Aussage.

Also mir hat ein sehr weiser Mann mal gesagt: »Es gibt nichts gutes, außer man tut es!«