Japan: Betrieb bietet skurrilen Sonderurlaub für Idol-Fans

Leider ist es keine Seltenheit, dass japanische Unternehmen trotz hoher Arbeitsbelastung nicht viel Freiheit bieten, wenn es um Arbeitszeiten und Urlaub geht. Umso mehr Aufmerksamkeit erregte nun eine Firma, welche ihren Otaku-Mitarbeitern einen ganz besonderen Sonderurlaub gewährt.

Unternehmensklausel sorgt für speziellen Urlaub

Der Präsident des japanischen Unternehmens Hiroro Inc. machte vor Kurzem über Twitter darauf aufmerksam, dass sein Betrieb bezahlten Urlaub für Fans von Idols anbietet, die sich eine Auszeit zum Trauern oder Feiern nehmen müssen, wenn ihr Lieblingsmitglied einer Idol-Gruppe den sogenannten »Abschluss« macht oder aufgrund einer Hochzeit austritt:

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»Es wurde entschieden, dass das Lieblingsidol eines Mitarbeiters ihren Abschluss macht. Also hat das Unternehmen eine Klausel für Abschluss- und Beileidsurlaub zu seinen Arbeitsregeln hinzugefügt.«

Der Begriff »Abschluss«, auf den sich die neue Regelung bezieht, wird in der japanischen Idol-Industrie verwendet, um den Ausschied eines Mitglieds aus einer Gruppe zu bezeichnen. Die Klausel wird fortan »oshi kyuuka« genannt, wobei »oshi« in der Idol-Community für Lieblingsmitglied steht.

Bis zu zehn Tage bezahlter Urlaub

Die Angestellten haben zukünftig nicht nur die Möglichkeit, im Falle eines unangekündigten Auftritts oder eines Guerilla-Gigs früher von der Arbeit zu gehen oder spontan einen Tag Urlaub zu nehmen, sondern auch das Recht auf zehn freie Tage, wenn ihr Lieblingsidol aufhört. Für andere Favoriten, die nicht der Liebling sind, werden immerhin noch drei Urlaubstage gewährt.

Alle freien Tage werden von dem Unternehmen voll bezahlt. Im Falle einer emotionalen oder mentalen Schädigung des Mitarbeiters, die durch den Austritt erfolgt, können nach Bedarf auch noch zusätzliche Erholungstage hinzugefügt werden.

Als Begründung für den speziellen Urlaub nannte der Präsident, dass er selbst und das Unternehmen viel mit der Idol-Industrie zu tun haben. So ist die Hiroro Inc. unter anderem für das Durchführen von Live-Idol-Events und die Produktion von Fotobüchern der Sängerin Kanna Murata zuständig.

Via Grape Japan
© Love Live! Production Committee

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Blubb

Only in Japan 😂

…aber so wie die sich da kaputt arbeiten warum auch nicht?

Ich

Meine Güte! Normal Urlaub oder Frei nehmen is‘ nicht. ABER wenn mit dem Idol etwas ist …

Monokuma

Den meisten Japanern wäre mehr geholfen, wenn sie den ihnen regulär zustehenden Urlaub beanspruchen könnten, ohne dafür im Arbeitsumfeld böse Blicke und einen schlechten Ruf zu ernten. Letzteres mag auch gesellschaftlich bedingt sein, aber gerade weil die soziale Bedeutung von Unternehmen in Japan so sehr betont wird, wären diese an der Stelle gefragt, den Stein zu echter Veränderung ins Rollen zu bringen; und dafür taugt kein „Sonderurlaub“, mit welchem man die teilweise sehr fragwürdigen Vermarktungsmethoden einer Branche mit ebenso fragwürdigen Arbeitsbedingungen – und meist gnadenloser Objektifizierung junger Mädchen – noch befeuert.

Pain

Bei den Göttern, warum muss ich ständig so einen Blödsinn lesen… Erstens werden Mädels FREIWILLIG Idols, weil es ihr Traum ist (wie im Westen eben Filmstars, oder Musiker)
und zweitens werden sie von ihren Anhängern vergöttert (wie heutzutage traurigerweise auch Youtuber…). In jedem Geschäft gibt es gute und schlechte Dinge, gute und schlechte Firmen, so ist das Leben.

Jeder Mensch ist für sich selbst verantwortlich und bestimmt durch seine Handlungen und Entscheidungen seinen Weg.

Diese moderne »Luftpolsterfolien-Gesellschaft« ist einfach schrecklich.

Hauptsache man sucht immer etwas woran man sich aufhängen kann…

Monokuma

Zum Glück braucht man nur auf die „Eigenverantwortung“ der Menschen zu verweisen, um jegliche Kritik an Missständen und unlauteren Methoden abzuwürgen. Es besteht ja auch überhaupt kein Grund, zu kritisieren, wie unterbezahlt Anime-Zeichner sind, ist schließlich deren Eigenverantwortung, in die Branche einzusteigen. Ich weiß auch schon, wie die Geschichte weitergeht: Angenommen, sie täten sich endlich zusammen und träten in den Generalstreik, um bessere Löhne durchzudrücken, dann wären sie genauso die Bösen wie seinerzeit bei uns die Lokführer, schließlich würde sich dadurch die Lieferung unseres Produktes verzögern, und außerdem hätten sie sich mal vorher überlegen müssen, worauf sie sich einlassen, wenn sie so einen Beruf wählen…

Dummerweise zieht das Argument mit der Eigenverantwortung nicht, wenn es sich bei den Betroffenen um Minderjährige handelt, wie es bei den Idols ganz überwiegend der Fall ist. Wenn die Mädchen mit 12, 13 Jahren anfangen (bin mir nicht sicher, ob manche sogar noch früher einsteigen), können sie eben nicht vorab vollständig überblicken, worauf sie sich da einlassen. Niemand in dem Alter weiß das, woher auch? Es gibt Gründe, warum es Jugendschutz und Gesetze gegen Kinderarbeit gibt, demnach können die Mädchen in dem Alter das auch gar nicht selbstständig – d.h. ohne Einbeziehung ihrer Eltern – entscheiden. Die Agenturen mögen noch so sehr beschwören, dass sie die Regeln einhielten und vor allem die schulische Bildung gewährleistet werde; aber die Tatsache, dass sie sich von unabhängigen Beobachtern (z.B. Journalisten) überhaupt nicht gern auf die Finger schauen lassen und jeder kritischen Frage ausweichen, weckt arge Zweifel.

Am deutlichsten wird das – und da sind wir bei den Arbeitsbedingungen – bei der Kontrolle des Privatlebens, einer Folge, deren Ausmaß wohl kein Mädchen, das als Idol anfängt, abschätzen kann. Selbst außerhalb der ohnehin teils exzessiven Arbeitszeiten haben die Idols kaum echte Freizeit und stehen unter permanenter Beobachtung ihrer Vermarkter. Wie weit das geht, zeigt sich darin, dass es den meisten Idols sogar vertraglich verboten ist, privat in einer Beziehung zu sein. Der Grund dafür liegt offiziell in der Vermarktung: Mit den Idols soll den Fans eine Fantasie verkauft werden, die nicht nur einen „makellosen“ Ruf des Idols voraussetzt, sondern vor allem darauf abzielt, es immer als eine „begehrliche“ Figur präsentieren zu können. Der Umgang mit Fans spielt eine enorme Rolle, jeder Fan soll im Grunde das Gefühl bekommen, „sein“ Idol könne ihn „erwählen“. Diese Fantasie, so die Agenturen, werde durch eine private Beziehung zerstört, die Fans fühlten sich „betrogen“ (!). Das Schlimme daran ist, dass die Fans dieses Spiel auch noch kräftig mitspielen. Dementsprechend drohen den Idols bei Verstoß harte Strafen. Wohin das führt, hat man an Fällen wie Minami Minegishi (AKB48) gesehen, welche sich nach einer Beziehung mit einem Jungen den Kopf rasieren (!!) und sich online unter Tränen bei ihren Fans entschuldigen musste (!!!). Von dem Jungen hat man übrigens nie was gehört, es hat auch niemand danach gefragt, warum der nicht seine Freundin verteidigt.

Damit das klar ist: Mit derartigen Klauseln käme eine Firma vor keinem deutschen, wahrscheinlich nicht mal europäischen Arbeitsgericht durch, hierzulande ist man schon daran gescheitert, Beziehungen unter Kollegen aus weit plausibleren Gründen im Arbeitsvertrag zu untersagen. Und wenn ein Fan sich von „seinem“ Idol persönlich „betrogen“ fühlt, weil dieses privat einen Freund hat, dann liegt das Problem nicht bei dem Idol, sondern – da wären sich hier wohl alle einig – bei diesem Fan, der selbst für jugendliche Verhältnisse eklatante Schwierigkeiten hat, zwischen Fantasie und Realität zu unterscheiden. Wir nennen solche Personen auch gemeinhin „Stans“. Die Idol-Branche wird sogar ausdrücklich dafür kritisiert, mit der Vermarktung der „Zugänglichkeit“ ihrer Idols genau solche Tendenzen zu fördern. Die ungewöhnlich große Trauer, die bei den Fans gepflegt wird, wenn ein Idol aufhört, wie im Artikel beschrieben; und die Idee, dies auch noch mit Sonderurlaub zu fördern (zumal die besagte Firma selbst mit der Idol-Branche zu tun hat und es somit ganz sicher nicht ohne Hintergedanken macht), sind da nur die nächste Stufe. Fankultur schön und gut, aber wenn sie solche Ausmaße annimmt, finde ich das zutiefst beunruhigend und verstörend.

Unter Beachtung der Tatsache, dass die typische Konstellation in der Branche „weibliche Idols, männliche Fans/Stans“ ist, sollte man sich auch vor Augen führen, was für ein stockkonservatives (für unsere Verhältnisse schon reaktionäres) Frauenbild dort allgemein gepflegt wird, die ganze Moe-Kultur fußt darauf, „Schwäche“ und Unterwürfigkeit von Mädchen und Frauen zu fetischisieren, und diese Dating-Klausel setzt dem Ganzen die Krone auf, indem nicht nur den Vorgesetzten, sondern auch den Fans wortwörtlich volle Kontrolle über das Sexualleben „ihrer“ Idols gewährt werden soll. So viele Branchen es auch im Westen geben mag, wo vor allem Frauen wie Kleiderpüppchen oder „Trophäen“ vermarktet werden, so weit zu gehen würde sich so eine Agentur weder in Europa, noch in Nordamerika trauen, auch weil sie damit wie gesagt weder juristisch noch gesellschaftlich durchkämen.

Deren Hauptproblem – Machtmissbrauch durch (fast durchgehend männliche) Vorgesetzte – ist indes in der japanischen Idol-Branche genauso an der Tagesordnung, und verschiedene Fälle lassen einen erahnen, dass auch dort sexuelle Übergriffe nichts Außergewöhnliches sein dürften, mal davon abgesehen, dass auch die Sexualisierung der Idols – vor allem der minderjährigen – bei der Vermarktung seit Jahrzehnten ein Streitthema ist. Weitere Dinge, die an der Idol-Branche kritisiert werden, sind die bereits erwähnten, exzessiven Arbeitszeiten, oft unter Vernachlässigung der Gesundheit der Idols, bei gleichzeitig schlechter Bezahlung und schlechter Vorbereitung auf das Arbeitsleben nach dem Ausstieg als Idol. Gewerkschaften für Idols gibt es selbstverständlich nicht, und die Idee ihrer Notwendigkeit wird von den Agenturen abgebügelt, indem sie die Arbeit als Idol mit anderen außerschulischen Aktivitäten bzw. Schulclubs (AGen) gleichstellen.

Alles in allem bleibt, wenn man sich etwas genauer mit den Hintergründen beschäftigt, der Eindruck, dass auch in dieser Branche die Mädchen – teils noch krasser als in unseren Längengraden und jenseits des Atlantiks – schonungslos ausgenutzt und, sobald in irgendeiner Weise nicht mehr gut genug zu vermarkten sind, weggeworfen werden; eher subtil, wenn sie z.B. zu alt werden, aber umso brutaler, wenn sie gegen ihre Knebelverträge verstoßen. Das saubere, niedliche Bild, das wir zu sehen bekommen, wenn Idols auf der Bühne tanzen und sich hinterher mit ihren Fans abfotografieren lassen, verdeckt den Blick darauf, wie hässlich es hinter den Kulissen zugeht. Die Branche versucht in bekannter Manier, jegliche unabhängige Berichterstattung über die Zustände abseits der Bühne zu behindern und abzublocken, und japanische Mainstream-Medien meiden es ebenso, über Kontroversen, die im Zusammenhang mit der Idol-Branche stehen, allzu ausführlich zu berichten.

Kommentare wie deiner zeigen indes, wie ein Großteil der Fans bzw. Stans damit umzugehen pflegt: Ausweichen, Ignoranz, Verdrängung, Verleugnung, Hauptsache das Produkt stimmt, und das wollen sie – wie so ziemlich alle, deren Hobby der Konsum eines oder mehrerer Produkte ist – ohne „schlechtes Gewissen“ genießen – wobei der Ausdruck irreführend ist, denn schon wenn man etwas verdrängt, weiß man, dass es da etwas gibt, was man nicht genauer wissen will, und kann somit kein reines Gewissen mehr haben. Zeigt man den Menschen, wie die Wurst gemacht wird, verfallen sie in Abwehrreaktionen, passivere Typen weichen aus, hören und schauen weg oder versuchen, es auszusitzen, aktivere fauchen, beißen und schlagen um sich wie ein in die Enge getriebenes Tier. Einer Person zu sagen, dass das, was sie gern macht und mag, problematisch ist, war eben noch nie eine gute Grundlage für ein Gespräch.

Toshi

warum erinnert mich die news grade an den anime: »Oshi ga Budōkan Ittekuretara Shinu«? 😀

ich mag diese verrückten japaner, ganz erlich wenn das ein deutscher betrieb raus hauen würde, wäre die erste frage ob schon der erste april ist!?

Und ja in dem fall wären wir alle idol fans^^

Ryu

Zur Kenntnis genommen…

Markus

Bei uns in der Berufsschule war es damals erlaubt bei einen plötzlichen beziehungsende wegen der Trauerphase zuhause zu bleiben, allerdings nicht länger als 3 Tage da sonst ein Ärztliches Attest notwendig wäre.

Haru

Die Japaner und ihre Idols. XD
Gab’s nicht ein mal einen Bericht in dem es hieß man könne nun auch als »normal sterblicher« ein Idol heiraten, man sollte bloß genug klein Geld mitbringen, um es sie mit zu ernähren, aber anfassen und zusammen ziehen ist nicht.

Toshi

lohnt sich ja dann gar nicht, das wäre schlecht investiert^^.

Tigrerra

Fehler, 2. Abschnitt: Unternehemns

Robin Hirsch

Wir haben den Tippfehler korrigiert.

Shinichi 😃

Finde ich auch gut 😀

Miu

Japaner sind schon seltsam xD