»Apothecary Diaries«-Studio testet KI-Einsatz bei Anime-Produktion

Der japanische Videodienstleister IMAGICA veröffentlichte kürzlich ein Interview mit Tatsuo Yotsukura, dem Direktor des eigenen Tochterstudios OLM Digital (Produzent von »The Apothecary Diaries«), in dem sich dieser über die Rolle von künstlicher Intelligenz in der Anime-Branche äußerte. Wir fassen die Details zusammen.

Entlastung der Animatoren

Laut Yotsukura arbeite man aktuell an einem Forschungsprojekt namens »ANIMINS«, kurz für »ANIMe INSight«. Mit diesem solle herausgefunden werden, wie künstliche Intelligenz sinnvoll in Produktionsabläufe von Anime eingebunden werden könne.

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Grund dafür sei, dass er davon ausgehe, dass KI schon bald zum Alltag gehören werde, wie die Vergangenheit bereits bei vergleichbaren Entwicklungen gezeigt habe:

»Erinnern Sie sich an einige Beispiele aus der Vergangenheit: Bereits zu einer Zeit, als Computer noch nicht alltäglich waren, sprach Bill Gates davon, dass in jedem Haushalt ein PC stehen sollte. Ebenso setzte sich Steve Jobs in einer Zeit, als Smartphones noch kaum verbreitet waren, für eine ähnliche Vision ein. Beide Prognosen sind mittlerweile Realität geworden – heute besitzen die meisten Menschen solche Geräte.«

Davon solle auch die Anime-Industrie profitieren, in der KI-Tools noch immer auf große Skepsis stoßen. Vergleichbar sei diese Situation mit der Einführung der 3DCG-Technologie, die anfangs ebenfalls abgelehnt worden sei, inzwischen aber aus der Branche kaum noch wegzudenken ist und in nahezu jedem Anime verwendet wird.

Man sei davon überzeugt, dass KI ein entscheidendes Werkzeug sein könne, um den Mitarbeitern mehr Raum für ihre kreative Tätigkeit zu geben. Das Projekt »ANIMINS« solle maßgeblich dazu beitragen, dieses Ziel umzusetzen. Es startete bereits im Dezember 2024 und ist zunächst für 15 Monate angesetzt.

Mehrere Hürden

Aktuell gebe es noch vier große Herausforderungen, die man für die Integration von generativer KI in die Anime-Produktion überwinden müsse:

  • Bedenken in Bezug auf Lizenzen und Urheberrechtsverletzungen
  • Ablehnende Haltung der Fans gegenüber KI
  • Überlastung der Studios ermöglicht es nicht, mit KI zu experimentieren, sowie die Angst der Schöpfer, dass sie ihnen die Arbeitsplätze streitig machen könnte
  • Technische Herausforderungen, da es in der Anime-Industrie – im Vergleich zu anderen Branchen – weniger Forschungs- und Entwicklungsteams gibt

In diesem Zusammenhang wurde angemerkt, dass bei OLM Digital bereits ein KI-Tool zum Einsatz komme, das Abschnitte automatisch einfärbe und in einigen Fällen zu einer Verringerung der Arbeitszeit um etwa 30 % geführt habe.

Dabei stellte Yotsukura auch klar, dass diese Arbeitserleichterung die einzige Rolle der KI sein werde: »Wir definieren die generative KI ganz klar als bloßes Werkzeug und Unterstützer. Sie ist nicht der Schöpfer selbst, sondern lediglich ein Assistent, welcher den Schöpfern hilft, bessere Werke zu schaffen.«

Drei Anwendungsgebiete geplant

Aus den genannten Gründen erwäge Yotsukura bei OLM Digital derzeit drei konkrete Einsatzbereiche für künstliche Intelligenz.

Erstens gehe es um die enorme Belastung der Animationsregisseure, die fortlaufend Animationen auf Fehler prüfen und korrigieren müssten. Um sie zu entlasten, solle ein KI-gestütztes Tool entwickelt werden, das bei der Charakterzeichnung helfe, die Entwürfe optimiere und Korrekturen vorschlage – mit dem Ziel, eine Qualität zu erreichen, wie sie sonst nach der Überarbeitung durch einen Regisseur entstehe.

Zweitens könne KI bei der Erstellung von Zwischenbildern helfen, die für eine flüssige Animation zwischen den sogenannten Schlüsselbildern (Zeichnungen, die den Anfang und das Ende einer animierten Szene markieren) notwendig sind.

Zuletzt sehe man auch in der Bildsuchtechnologie ein weiteres vielversprechendes Einsatzfeld für KI. Diese könne dabei helfen, die visuelle Konsistenz in einer Anime-Produktion zu wahren – ein entscheidender Faktor, besonders bei langlaufenden Serien, in denen Bewegungen von Charakteren oder bereits gezeigte Schauplätze immer wieder gleich dargestellt werden müssen.

Mit zunehmender Länge einer Serie sei es üblich, dass neue Mitarbeiter hinzukämen und einige alte, welche wie lebende Wörterbücher die Geschichte des Werks kennen, das Unternehmen verließen. Für solche Situationen wolle man ein Programm entwickeln, das Referenzmaterialien zur Verfügung stellen kann.

Projekt mit großer Unterstützung

Ob »ANIMINS« seine angestrebten Ziele erreichen wird, bleibt noch abzuwarten. Denn schon im Mai 2024 wurde mit »SAKUGA-42M« ein KI-Projekt mit teils ähnlichen Zielen ins Leben gerufen, das jedoch nach heftiger Kritik wieder eingestellt wurde.

Immerhin darf das KI-Projekt von OLM Digital, welches von der New Energy Industrial Technology Development Organization finanziert wird, schon jetzt auf eine große Zahl von Unterstützern blicken. Laut Yotsukura hätten sich mehr als zehn große Anime-Unternehmen dazu bereit erklärt, an einer Testphase mitzuwirken.

Dazu sollen neun Universitäten auf Grundlage der Forschungsergebnisse Prototypen entwickeln, die im Anschluss sowohl den teilnehmenden Anime-Studios als auch ausgewählten KI-Softwarefirmen kostenlos zur Verfügung gestellt werden.

Mehr zum Thema:

Via IMAGICA Group
© The Apothecary Diaries Partners

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Ich

Ja, es ist nur Unterstützung … man schmeißt auch wirklich alles mögliche zur Begründung rein. CGI, PC’s, Smartphones … einfach nur, um es durchzubekommen. Ein Wunder, dass man das Feuer oder die Erfindung des Rades noch nicht angeführt hat.

Erstens gehe es um die enorme Belastung der Animationsregisseure, die fortlaufend Animationen auf Fehler prüfen und korrigieren müssten. Um sie zu entlasten, solle ein KI-gestütztes Tool entwickelt werden, das bei der Charakterzeichnung helfe, die Entwürfe optimiere und Korrekturen vorschlage – mit dem Ziel, eine Qualität zu erreichen, wie sie sonst nach der Überarbeitung durch einen Regisseur entstehe.

Aha, und hinterher muss trotzdem jemand drüberschauen, um zu kontrollieren, dass die KI das auch richtig gemacht hat. Es wird ja niemand so blöd sein, dass unkontrolliert durchgehen zu lassen.

Zweitens könne KI bei der Erstellung von Zwischenbildern helfen, die für eine flüssige Animation zwischen den sogenannten Schlüsselbildern (Zeichnungen, die den Anfang und das Ende einer animierten Szene markieren) notwendig sind.

Wie soll die KI da helfen? Was soll sie tun? Und in welcher Form? Einfach nur sagen, dass sie helfen kann ohne jedoch das Wie zu definieren … Und wenn das Wie darin bestehen sollte (habe es extra fett und kursiv eingestellt) diese Zwischenbilder zu erstellen, ist es keine einfache Hilfe, sondern ein Ersetzen.

Zuletzt sehe man auch in der Bildsuchtechnologie ein weiteres vielversprechendes Einsatzfeld für KI. Diese könne dabei helfen, die visuelle Konsistenz in einer Anime-Produktion zu wahren – ein entscheidender Faktor, besonders bei langlaufenden Serien, in denen Bewegungen von Charakteren oder bereits gezeigte Schauplätze immer wieder gleich dargestellt werden müssen.

Mit zunehmender Länge einer Serie sei es üblich, dass neue Mitarbeiter hinzukämen und einige alte, welche wie lebende Wörterbücher die Geschichte des Werks kennen, das Unternehmen verließen. Für solche Situationen wolle man ein Programm entwickeln, das Referenzmaterialien zur Verfügung stellen kann.

Und wieso braucht man da jetzt konkret eine KI für? Wenn man eine Datenbank mit dem Material hat, braucht man nur darauf zuzugreifen, schaut sich das an und hat dann auch was man braucht als Vorlage. Was soll die KI da machen?

Guts

Erstens gehe es um die enorme Belastung der Animationsregisseure, die fortlaufend Animationen auf Fehler prüfen und korrigieren müssten.

Tja, vielleicht sollte man das Problem einfach mal an der Wurzel packen. Den Animatoren einfach mal richtige konkrete Anweisungen geben, damit diese Fehler nicht entstehen bzw. auch den Animatoren die Möglichkeit geben, diese Fehler SELBST zu korrigieren. Aktuell macht das der Regisseur einfach alleine, der Animator bekommt davon meist nichts mit und kann daraus auch nicht lernen. Das wird schon seit Ewigkeiten am Produktionsprozess kritisiert.
Außerdem reden wir hier nicht über Zeichenfehler, sondern oft kreative Interpretationsfehler wie etwa »Figur bewegt den Arm zu schnell«, »Figur soll Glas in der anderen Hand halten«, »Figur soll zweimal blinzeln« usw, die kann nur ein Regisseur selbst erkennen, eine KI hilft da nicht. Hier versucht man bereits auf Krampf ein KI-Tool zu entwickeln um die Auswirkungen zu bekämpfen anstatt einfach mal die Ursache zu ändern.

Zweitens könne KI bei der Erstellung von Zwischenbildern helfen, die für eine flüssige Animation zwischen den sogenannten Schlüsselbildern (Zeichnungen, die den Anfang und das Ende einer animierten Szene markieren) notwendig sind.

Der Klassiker halt. Es wird aber nur vergessen, dass jeder Animator mal Inbetween-Animator war und das ein unerlässlicher Schritt in der »Ausbildung« ist. Ohne Inbetween-Animatoren gibt es bald keine (guten) Schlüsselbild-Animatoren mehr, weil das einer der wenigen Schnittstellen zwischen Anfänger und Profi ist.

Zuletzt sehe man auch in der Bildsuchtechnologie ein weiteres vielversprechendes Einsatzfeld für KI. Diese könne dabei helfen, die visuelle Konsistenz in einer Anime-Produktion zu wahren – ein entscheidender Faktor, besonders bei langlaufenden Serien, in denen Bewegungen von Charakteren oder bereits gezeigte Schauplätze immer wieder gleich dargestellt werden müssen.

Gibt eigene Personen dafür, nennt sich u.a. Artdirector, der kümmert sich um all das. Außerdem wird für jeden Charakter ein Design-/Animationssheet erstellt, dort steht von Beginn an fest, wie etwas dargestellt werden muss, quasi eine Art Anleitung. Gibt es auch für Hintergründe. Das (neue) Personal muss dafür also nur einen Ordner öffnen und hat alles auf einen Blick, inkl. Notizen. Dafür gibt es eigentlich sogar bereits Tools. Wozu also eine KI nutzen, für etwas, was ganz vorne in der Produktionskette bereits abgearbeitet wurde?

Das klingt einfach alles so, als wolle man irgendwie auf Teufel komm raus KI nutzen, weiß aber nicht so recht, wie das praktisch und sinnvoll um- und einzusetzen ist.

Nelle

Kann also nur besser werden!!! Freue mich schon riesig drauf 🙂

Marcus Cyron

Sehr schön. Klingt alles sehr sinnvoll. Das Gemecker, was hier schon wieder einsetzt war zu erwarten, es ist dennoch überaus kurzsichtig und langsam auch nur noch ermüdend. Wahrscheinlich haben schon die ersten Leute genörgelt, als die innovativen und mutigen Menschen das Feuer gezähmt hatt. »Wir haben früher unser Fleisch auch roh gegessen!«

Guts

Dann erhelle uns mal, inwiefern ist der Einsatz von KI in den oben genannten drei Einsatzbereichen sinnvoll? Bitte mit konkreter Erklärung, wie die Produktionsabläufe funktionieren, damit das jeder von uns nachvollziehen kann.

Juri-chan

Ich habe zu genüge, meine Meinung dazu geäußert. Daher werde ich nicht tiefer darauf eingehen.

Frage mich allerdings, ob diese grausam hässliche Fuchsmaske, die im derzeitigen Apo-Opening vorkommt, auch eine Kreation dieses Werten Programmes ist.

Alex

Wie sie immer mit der Ausrede kommen, dass das ja zur Entlastung der Animatoren sei…. Wenn denen das wirklich interessieren würde, hätten sie schon längst was gemacht, denn es ist kein Hexenwerk gerechte Arbeitsbedingungen zu schaffen. Aber nein, die tun so, als sei das vorher unmöglich gewesen und nur KI könnte es. Jaja…

Primordus

Ja Ich erinnere mich wie gut Animes aussahen die von Hand gezeichnet wurden, schaue gerade mal wieder Chihiros Reise. Aber KI ist das selbe wie der ganze Digitale CGi Müll ja es wird kommen aber ich glaube einfach an nichts positiven an der ganzen Sache ( ziehe dann meinen Aluhut wieder auf) und trauere dann heute zum 2 mal bezüglich schlechter Nachrichten

Nanashii

Wenn eine KI eingesetzt wird um Informationen (z.b. Historische Fakten, technische Begebenheiten, Beschaffenheiten von Landschaften unter bestimmten Bedingungen,…) schnell und zuverlässig zu sammeln und so Werk realistischer zu machen spricht eigentlich nichts dagegen.

Nur sollte man eine klare Linie ziehen zwischen Unterstützung durch Informationssammlung und eine KI etwas direkt erstellen/überarbeiten zu lassen (z.b Animationen, Sound,…).

Das schaffen von kreativen Werken sollte beim Menschen bleiben.

Elli

Ich war an sich nie so der Fan von KI in der Anime Branche. Jetzt schaue ich zur Zeit nen Anime, da war Staffel eins und zwei top animiert und die dritte Staffel ist unter aller Sau. Macht jetzt auch keinen Spaß mehr zu schauen. 🙁 Wenn KI für so was eingesetzt wird um Animatoren zu entlasten + Qualität zu erhöhen auch bei vielen Folgen, dann hätte ich kein Problem damit. 🙂