In einem Interview mit Real Sound erklärte Kenji Horikawa, Gründer des Anime-Studios P.A.WORKS, dass sich Original-Anime – also Anime ohne Manga- oder Novel-Vorlage – aktuell in einer problematischen Lage befinden. Wir fassen zusammen.
Hohes Risiko für Investoren
Horikawa zufolge hat die enorme Zahl neuer Anime-Produktionen dazu geführt, dass viele Kreative ihre Begeisterung für die Entwicklung eigenständiger Originalwerke verloren haben. Konkret äußerte er sich zu diesem Thema wie folgt:
»Heutzutage ist es tatsächlich eine große Herausforderung, neue Originalwerke zu realisieren. Die Produktionskosten für Anime steigen stark an, wodurch unbekannte Titel für Investoren ein deutlich größeres Risiko darstellen – was nachvollziehbar ist.
Gleichzeitig wächst die Masse an Veröffentlichungen ständig, was dazu führt, dass man beim Versuch, mit diesem Tempo mitzuhalten, schnell an seine Grenzen stößt.
Der Drang, wirklich eigene Werke zu schaffen, scheint immer mehr zu schwinden. Da bei Original-Anime jede Idee von Grund auf entwickelt werden muss, ist der Aufwand enorm. Wenn sich dieser Trend fortsetzt, könnten wir bald vergessen, wie man überhaupt ein Anime-Originalwerk hervorbringt.«
Horikawa betonte, dass P.A.WORKS seinem bisherigen Weg treu bleiben werde. Das Studio hat bereits in der Vergangenheit mit Titeln wie »Angel Beats!«, »Hanasaku Iroha«, »Charlotte« oder »Shirobako« zahlreiche erfolgreiche Original-Anime veröffentlicht – und daran solle sich auch in Zukunft nichts ändern.
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Via Real Sound
© VisualArts / Key / Charlotte Project
Ja, das wäre schon schade, wenn Original-Anime verschwinden würden. Ich würde dann aber lieber einen Original-Anime sehen als den drölfundsechzigsten Retorten-Isekai. Für sowas sollte auch noch Platz sein.
Ich kann aber durchaus verstehen, dass man das Risiko scheut – das kann man ja auch nicht wegreden, dass das besteht. Aber wenn man einen Anime hat, der eine gute Geschichte erzählen kann und auch interessante Charaktere hat, dann sollte man das auch versuchen. Natürlich sollte man bedacht wählen, klar. Aber das sollte man ja grundsätzlich bei der Auswahl machen, also auch wenn eine Vorlage da ist.
Muss da direkt an »Zenshuu« denken, die Thematik als Animatorin war nur Mittel zum Zweck um irgendeine besondere Fähigkeit für die Protagonistin zu haben, der Rest war im Grunde nur ein Isekai unter vielen
Es gibt auch einfach zu wenige Originals, die polarisieren und länger hängen bleiben.
Klar, dass es mal wieder an der Finanzierung hakt. Investoren muss man für ein komplett neues, unbekanntes Projekt erst mal finden. Und wenn die Studios im Komiteesystem dauerhaft am wirtschaftlichen Minimum arbeiten (was ich aufgrund der allseits bekannten miesen Bezahlung der Mitarbeiter stark annehme), dann wird es auch schwer, eigene finanzielle Rücklagen für solche Projekte anzusparen.
Die Zeit für so ein Projekt braucht man auch, was ebenfalls mit Rücklagen zu tun hat. Bei selbstständigen Projekten muss schon viel gemacht werden, lange bevor man davon Einnahmen hat. Und da geht es nicht nur um den kalkulierbaren Aufwand für die Umsetzung, sondern auch um den schwer vorhersehbaren Aufwand für die Entwicklung des Konzepts. Ideen fallen ja nicht vom Himmel, sondern müssen ebenfalls erarbeitet werden, was viele Außenstehende leider nicht realisieren.